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Videokonferenz mit Claus Kleber und der 11b2
Jeder ist ein/e Reporter*in!
Videokonferenz mit Claus Kleber und der 11b2 des HG am Donnerstag (17.03.2022)
Heute bekam die 11 b2 online Besuch von Claus Kleber. Der ZDF-Journalist und langjährige Moderator des heute journals stellte sich in einer Videokonferenz im Rahmen von „Journalismus macht Schule“ den Fragen der Schüler*innen der 11b2 und verschiedener Klassen aus Deutschland und Europa.
Wir möchten euch hier zu einigen Highlights des Gesprächs informieren.
„Jeder ist ein Reporter!“, macht Claus Kleber uns bewusst. Das heißt, wir tragen alle Verantwortung dafür, was wir selbst öffentlich schreiben, aber auch für das, was wir weitergeben.
Als professioneller Journalist habe er klar zu trennen zwischen Analyse und persönlicher Meinung, zwischen Information und Propaganda. Sein Auftrag laute Information, nicht Meinungsmache. Er trage Verantwortung dafür, das Material zu liefern, damit sich jeder selbst eine Meinung bilden könne. Dennoch sei er als Moderator auch gezwungen zu argumentieren: Wenn von seinen Gästen eindeutig Meinungen kommuniziert würden, übernehme er gern die Gegenposition, damit Pro und Contra ersichtlich werden.
Herr Kleber kennt den Alltag in Kriegsgebieten aus eigener Erfahrung, denn er befand sich beispielsweise zu Beginn des Afghanistan-Krieges vor Ort. Die Risiken für Gesundheit und Leben der Reporter*innen seien sehr hoch, die Verantwortung der Redaktionen für die eigenen Leute belastend und extrem. Zu bedenken gibt er, dass sich Journalist*innen in solchen Situationen mit den Zivilist*innen und Soldat*innen, mit denen sie unterwegs sind, in einer Gefahrengemeinschaft befänden, was eine objektive Sichtweise erschwere.
Sicher sei es ein wichtiges Ziel bei Informationen der erste zu sein, wendet der heute journal-Moderator ein, aber noch viel wichtiger sei es, der erste zu sein, der richtig liegt.
Erstaunlich findet Herr Kleber an Politikern, dass sie immer wieder aus einer Geldtasche, die nicht zur Verfügung steht, Geld erfinden, um es den Menschen zu geben.
Auf die Frage, wer welche Themen nach welchen Kriterien für eine Sendung des heute journals auswähle, antwortet Kleber, das er eigentlich erst etwas über den Inhalt der Sendung weiß, wenn sie vorbei ist, da sich immer wieder auch ganz kurzfristig Änderungen ergeben.
In seinem Team werde ständig geredet, ein einziges Hin und Her sei das, alle würden gehört, auch Volontär*innen hätten Gewicht. So würden sie ständig beraten – wie bei den Eskimos -, bis ein Konsens gefunden sei, ohne Hierarchien. Alle würden „brennen“ genauso wie „du“. Es sei kaum zu verstehen, dass man dafür dann auch noch Geld bekomme.
Claus Kleber hält es für ein großes Privileg, seinen Beruf ausüben zu dürfen. Er sei ja nicht schlauer als andere, dürfe sich aber mit Recherchen beschäftigen, Dinge zusammenfassen und verständlich erklären. Das sei wie Brot backen eine ehrliche Aufgabe, klar abzugrenzen von Meinungsmache und Propaganda.
Von Politikern und Menschen der Macht lasse man sich keinen Maulkorb verpassen: „So ticken wir nicht!“ Auch werde nicht gehandelt. Informationen gegen Geld? „Das verstößt gegen das journalistische Ethos! Das machen wir nicht!“ Sicher sei ein funktionierendes Korrespondent*innen-Netzwerk kostspielig, aber die Beteiligten machten ehrliche Arbeit, die sehr, sehr wertvoll in Krisen- und Kriegszeiten sei.
Fehler müsse man eingestehen. Herr Kleber unterscheidet sie aber von Fake news, die absichtlich in die Irre führen sollen: „Donald Trump ist ein Meister der Fake news!“
Der Journalist erinnert sich sowohl an Pannen und schöne Momente in seiner Laufbahn, hevorzuheben ist ein Interview mit dem jungen Obama, das er führen durfte. Kleber ist noch heute überrascht davon, wie zugewandt der Präsident war: „Er ist echt auf meine Fragen eingegangen!!!“ Überhaupt sei nach getaner Arbeit das Gefühl „heute ist alles gut gelaufen“ wie Surfen auf der richtigen Welle. Man möchte sofort die nächste nehmen.
Die eigentlichen Glücksmomente seien aber eher nicht im Studio, sondern „draußen“ zu finden. Als Reporter in Amerika zum Beispiel, als im Hotelzimmer griffbereit ein gepackter Koffer stand, da es ja jederzeit losgehen konnte Diese Freiheit, Losgelöstheit und Selbstständigkeit, betont Kleber noch einmal, sei ein großes Privileg.
Claus Kleber war anfangs übrigens ein Gender-Gegner, ließ sich nach und nach aber zum Beispiel auch angeregt von seinen Töchtern darauf ein, hier nochmal zu reflektieren. Kleber meint, die deutsche Sprache habe mehr als andere Sprachen die männliche Vorherrschaft etabliert. Während er zwar nicht „Bürger*innen“ verwenden müsse, gendere er doch sehr gern „Chefärzte*innen“ oder „Trucker*innen“.
Wenn ihr Reporter werden wollt, solltet ihr gern mit Menschen zusammenarbeiten und gern mit Menschen ins Gespräch kommen, offen dafür sein, dass ihr morgens nicht wisst, wo euch eure Arbeit abends hingeführt hat. Ein abgeschlossenes Studium sei zwar für diese Arbeit nützlich, aber es muss nicht unbedingt ein Journalismus-Studium sein. Seine Kollegin Marietta Slomka beispielsweise habe Volkswirtschaft studiert, er selbst Jura. Journalist sei er aber vor allem geworden, weil er reisen und die Welt kennen lernen wollte.
Moderiert wurde die VK von Miriam Bunjes, organisiert wurde die VK von Jörg Sadrozinski. Herzlichen Dank!
Kerstin Klein und die Klasse 11 b2
