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"China in Berlin entdecken“ – der Chinesischkurs aus Jg. 8 in Berlin
Wir, der Chinesischkurs in Jg.8, fuhren gemeinsam vom 30.05. bis 31.05. nach Berlin, um dort an chinabezogenen Aktivitäten und Workshops teilzunehmen. Wir haben zwei Tage voller interessanter Begegnungen, leckerem Essen und Diskussionen u.a. zu kulturellen und gesellschaftlichen Themen verbracht. Darüber möchten wir hier nun berichten.
Am frühen Morgen gegen 7:00 Uhr starteten wir unsere Reise von Göttingen nach Berlin mit dem ICE. Die Zugfahrt verlief problemlos und wir kamen pünktlich um 9:30 Uhr an. Nach unserer Ankunft begaben wir uns kurz ins Hostel, um unser Gepäck abzulegen. Anschließend besuchten wir die Markthalle 9, wo wir an einem chinesischen Teigtaschenstand leckere 包子 bāozi und 饺子 jiăozi (chinesische Hefeklöße und Teigtaschen) genossen.
Danach fuhren wir zu unserem ersten Workshop. Dabei tauchten wir ein in die Welt der Science-Fiction, Fantasy und Märchen. Wir diskutierten die Unterschiede und lernten etwas über die chinesische Science-Fiction. Dann wurde es kreativ: Wir entwickelten innovative Lösungen für aktuelle Probleme (z.B. Luftverschmutzung) und präsentierten unsere Ideen auf Plakaten. Anschließend sind wir zum Brandenburger Tor gelaufen und hatten etwas Freizeit.
Der nächste Programmpunkt führte uns mit der U-Bahn zu einem Nudelworkshop. Im Restaurant wurden wir von Dahai, unserem humorvollen und sachkundigen Workshop-Leiter, empfangen. Er erzählte uns seine inspirierende Geschichte, wie er eine Zugreise von Deutschland nach China gemacht hatte und dort dann die Kunst des Nudelziehens erlernt hat. Mit ihm gemeinsam stellten wir den Teig her und kneteten ihn auf verschiedene Weisen. Danach fing er an den Teig lang zu ziehen. Durch Ziehen und wieder übereinander Legen entstanden Nudeln. Die Menge der Nudel und die Dicke durfte jeder selber entscheiden. Er konnte die Dicke ändern, indem er einmal mehr oder einmal weniger gezogen hatte. Er konnte sogar die Form der Nudeln verändern. Aus unseren Nudeln haben wir dann das traditionelle Gericht 兰州拉面Lánzhōu Lāmiàn, handgezogene Nudeln in einer Rinderbrühe mit Rindfleisch, Chili-Öl, Rettich und Koriander, zubereitet und gegessen. Der Workshop war ein echtes Highlight.
Am nächsten Tag waren wir bei einem Workshop über die chinesische Diaspora in Deutschland von Nengda Yu, dem Gründer der chinesischen Community, 706Berlin. Das Konzept geht auf das „706 Youth Space“ in Peking zurück. Es handelt sich dabei um eine Community, in der man sich über verschiedenste Dinge austauschen kann. Wir haben über das Thema Homosexuaität geredet und wie in China damit umgegangen wird. Nengda hat uns über seine persönlichen Erfahrungen als homosexuelle Person erzählt und wie die Erwartungen seiner Eltern im Vergleich zu seinem eigenen Wohlbefinden entgegenstanden. Diese hohen Erwartungen waren ein Grund, warum Nengda nach Deutschland kam und dort 2021 das 706Berlin gründete. Er wollte Menschen mit chinesischsprachigem Hintergrund einen sicheren Ort geben, in dem sie sich frei über ihre Erfahrungen austauschen konnten. In der Community haben sie viele gemeinsame Unternehmungen gemacht, wie Diskussionsrunden und Spaziergänge. Außerdem haben sie eine kleine Hochzeit für ein lesbisches Paar organisiert. Es war sehr beeindruckend!
Danach ging es weiter ins Restaurant „Han West“ im Wedding, wo wir Bao Buns (chinesischen Burgern) und Dumplings genossen. Die Bao-Burger waren unserer Meinung nach etwas klein, aber sehr lecker und empfehlenswert. Gestärkt gingen wir zur Kreuzung Tegelerstraße und Kiaotschoustraße. Dort begannen wir einen Audiowalk namens „Ěrinnern: ein antirassistischer Audiowalk zur deutschen Kolonialgeschichte“. Der Audiowalk wurde von Charlotte Ming, einer chinesischen Journalistin aufgenommen. Sie hat uns auf eine historische und auch persönliche Reise mitgenommen: Die Küstenlandschaft Qingdao, über die im Audiowalk u.a. gesprochen wird, ist nämlich ihre Heimatstadt. In dem Audiowalk spielten außerdem der Boxeraufstand in China und die Geschichten von früheren chinesischen Vertragsarbeitern in Samoa eine wichtige Rolle. In sieben Stationen führte sie uns durch den Berliner Sprengelkiez im Wedding, wo die Auswirkungen der Kolonialvergangenheit und aktuelle Fragen zu antiasiatischem Rassismus beleuchtet werden. Während des Audiowalks haben wir auch z.B. das Robert Koch-Institut besucht. Von dort kamen in der Corona-Pandemie täglich die Anzahl der Infizierten. Unter Anderem traten in der Corona-Pandemie viele rassistische Handlungen und Äußerungen gegenüber Menschen aus China auf, wie z.B in einer Zeitung mit dem Titel „Corona-Virus, Made in China“. Insgesamt hat der Audiowalk ungefähr zwei Stunden gedauert und war sehr lehrreich. Wir finden, dass das Thema deutsche Kolonialisierung in China mehr in deutschen Schulen aufgegriffen werden sollte.
Schließlich hatten wir nochmal Freizeit, die wir in kleinen Gruppen unterschiedlich gestalteten. Einige gingen geocachen, andere probierten Bubble Tea. Gegen 22 Uhr, mit einer Stunde Verspätung, waren wir wieder in Göttingen.
Unsere Klassenfahrt nach Berlin war ein voller Erfolg. Die Vielfalt der Workshops und Aktivitäten bot uns wertvolle kulturelle und gesellschaftliche Einblicke, die uns nachhaltig beeindruckt haben. Jeder von uns nahm einzigartige Erfahrungen mit nach Hause, die uns noch lange in Erinnerung bleiben werden.
