Zum Hauptinhalt springen

News Archiv

The Hahn Story – Die Geschichte einer jüdischen Göttinger Familie

| Startseite

Diana Kanter, die Tochter der jüdischen ehemaligen Schülerin Hanni Hahn, sprach mit Schülerinnen und Schülern über ihre Familiengeschichte und das Leben nach dem Holocaust

Am 9. November 2023, dem 85. Jahrestag des Pogroms, haben Schülerinnen und Schüler des Hainberg-Gymnasiums die Gedenkfeier an der Synagoge gestaltet. Dabei haben sie die Lebensgeschichten von vier jüdischen Schülerinnen nachgezeichnet, die 1938 der Schule, damals „Oberschule für Mädchen“, verwiesen wurden. Eines der vier Mädchen, von denen zwei im Holocaust ermordet wurden, war Hanni Hahn. Sie konnte, wie zuvor ihr Bruder, nach England fliehen und hat sich dort ein Leben aufgebaut - Hannis Eltern, Gertrud und Max Raphael Hahn, einst angesehene und engagierte Bürger der Stadt Göttingen, wurden ermordet.

In der Vorbereitung der Gedenkstunde vom 9. November nahmen wir Kontakt zu den Nachkommen der Familie Hahn auf. Sie unterstützten uns bei der Erarbeitung der Lebensgeschichten der vier Mädchen. Hier entstand auch die Idee, Diana Kanter, die Tochter von Hanni Hahn, an das Hainberg-Gymnasium einzuladen - die Schule, die ihre Mutter als „Lyzeum mit Oberlyzeum“ besucht hatte und derer sie verwiesen worden war. Diana Kanter, die heute in Brüssel lebt, nahm unsere Einladung an und kam in Begleitung ihres Ehemanns an das Hainberg-Gymnasium, um mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen.

Im Rahmen von vier Veranstaltungen an zwei Tagen zu Anfang des Monats April gelang dies in ganz beeindruckender Weise: Diana Kanter zeichnete anhand von Bildern, Dokumenten und persönlichen Erzählungen die Geschichte ihrer Familie, ihrer Mutter und auch ihre eigene Geschichte eindrucksvoll nach. In den folgenden Gesprächen, von denen einige von Schülerinnen und Schülern aus dem Jahrgang 12 moderiert wurden, ging es um viele Themen: das zerstörte Leben der Familie Hahn in Göttingen, Erinnerungen an Diana Kanters Kindheit in England und an ihre Mutter, die Bedeutung der geraubten religiösen Gegenstände aus der berühmten Sammlung ihres Großvaters, aber auch die Erinnerungskultur sowie Gefahren und Perspektiven für ein heutiges friedliches Zusammenleben. Ihr gelang es mit Hilfe vieler persönlicher Schilderungen, nicht nur von der Terrorherrschaft des Nationalsozialismus zu berichten, sondern auch von der tiefen Verwurzelung der Familie Hahn in Göttingen, vom Weiterleben nach dem Holocaust und nach der Flucht sowie von den nun in der ganzen Welt verstreuten Familienmitgliedern.

Nach dem Gespräch mit Diana Kanter äußerten etwa Schülerinnen und Schüler des Geschichtskurses Jahrgang 12, dass es sehr eindrücklich war, von ihr als Zeitzeugin von den schmerzhaften, über Generationen hin traumatischen Folgen des Holocaust zu erfahren. Dabei waren sie beeindruckt von der Offenheit und Herzlichkeit Diana Kanters, die intensiv auf die ihr gestellten Fragen einging, mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch kam und sie dabei sehr ernst nahm.

Ohne den Nationalsozialismus und die Shoa, so Diana Kanter, würden in den Schulklassen des Hainberg-Gymnasiums vielleicht heute ihre Enkelkinder sitzen – dieser Satz fiel, als sie mit Schülerinnen und Schülern der UNESCO-Projektklasse Jahrgang 7 das Elternhaus ihrer Mutter in der Merkelstraße besuchte und danach mit ihnen sprach.

Dafür, dass Diana Kanter gemeinsam mit ihrem Ehemann Ben die Einladung nach Göttingen angenommen hat und an den Ort gekommen ist, an dem das Leben ihrer Familie so jäh unterbrochen und zerstört wurde, kann man nur dankbar sein – die offenen Gespräche mit ihr zeigen, wie wichtig es ist, sich zu erinnern, diese Erinnerungen zu teilen und für die gemeinsame Gegenwart und Zukunft ein kritisches Bewusstsein und die Menschenrechte zu verteidigen.

Wir danken dem Förderverein des Hainberg-Gymnasiums und der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers ganz herzlich für ihre finanzielle Unterstützung.

Zurück